Hygienemanagement
24.11.2021

Lessons Learned für die Bedarfsplanung

Die weltweite Nachfrage nach Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) hat zu Beginn der Pandemie gravierende Engpässe verursacht. Dadurch entstanden hohe Sicherheitsrisiken für das pflegerische und ärztliche Personal. Bei der zukünftigen Bedarfsplanung könnten Endnutzer zur Bevorratung verpflichtet werden. Ein Rechentool des Universitätsklinikums Ulm hilft bei der Planung.

Die wichtigsten Fakten:

  • Die weltweit dramatischen Engpässe bei der PSA zu Beginn der Pandemie sehen Experten als wichtigen Grund für die hohen Infektionsraten mit SARS-CoV-2 bei pflegerischem und ärztlichem Personal.
  • Um Personal und Patienten bei zukünftigen Epidemien und Pandemien effizient schützen zu können, muss die PSA in einem ausreichenden Maß bevorratet werden.
  • Um Überbeschaffung oder Unterversorgung vorzubeugen, müssen Kliniken den tatsächlich benötigten Verbrauch den örtlichen Gegebenheiten entsprechend abschätzen.
  • Das Universitätsklinikum Ulm hat einen Bedarfsrechner entwickelt, der es ermöglicht, abhängig von der Anzahl an Intensiv- und Allgemeininfektionsbetten, die notwendige zu bevorratende Menge an PSA realistisch zu planen.

Die rasante Ausbreitung der COVID-19-Pandemie zu Beginn des Jahres 2020 führte weltweit zu einem hohen Bedarf an PSA. Exportverbote und Produktionseinschränkungen - vor allem des global wichtigsten Herstellers China - verschärften die Situation dramatisch. Einrichtungen im Gesundheitswesen hatten zunehmend Probleme, sich ausreichend zu bevorraten.

Neben Desinfektionsmitteln, Handschuhen, Kitteln und Schutzbrillen fehlten vor allem Atemschutzmasken.

Extreme Engpässe erhöhten Infektionsrisiko

Die extremen Engpässe bei der Versorgung mit PSA zu Beginn der Pandemie sehen Experten als wichtigen Grund für die hohen Infektionsraten mit SARS-CoV-2 vor allem beim Klinikpersonal. Ein systematischer Review von 97 Studien ergab eine mittels RT-PCR erhobene Prävalenz von SARS-CoV-2-Infektionen bei Gesundheitsmitarbeitenden von 11 %. Besonders betroffen waren den Studien zufolge das Pflegepersonal und medizinisches Personal, das während des Screenings in Krankenhäusern bzw. Notfallstationen arbeitete.

In Deutschland konnte die Bundesregierung mit ihrem Eingriff in die Beschaffung, gemeinsam mit den Ländern und den Einrichtungen des Gesundheitswesens, die sich im Frühjahr 2020 anbahnende Unterversorgung mit PSA abwenden. In der Folge kam es jedoch zu einer massiven Überbeschaffung. Vor dem Hintergrund u. a. ablaufender Haltbarkeitsdaten ist nach dem Bericht des Bundesrechnungshofs aus dem Juni dieses Jahres nicht gesichert, dass die aktuellen Lagerbestände ausreichen, um das deutsche Gesundheitswesen ausreichend auf künftige Pandemien vorzubereiten. Auch deshalb planen einige Länder, Endnutzer wie Kliniken zur Bevorratung zu verpflichten.

Bedarfsrechner hilft bei Bevorratung

Wie Krankenhäuser ihren Erstbedarf an PSA richtig einschätzen und steuern können, darüber hat sich die Stabsstelle Katastrophenschutz des Universitätsklinikums Ulm Gedanken gemacht. Im Rahmen einer Studie erhob das Team um Prof. Dr. E. G. Pfenninger den Verbrauch an PSA im April 2020 sowie die Anzahl der an COVID-19 erkrankten Patienten bzw. deren Behandlungstage. Auf dieser Grundlage wurde der Verbrauch an PSA pro Patient errechnet. Die Daten wurden dem tatsächlichen Verbrauch an PSA im Mai 2020 gegenübergestellt und dienten den Wissenschaftlern als Basis für einen Verbrauchsrechner. Der PSA-Bedarfsrechner erlaubt mit den Variablen „Patienten auf Intensivstation“, „Patienten Infektionsstation“ und „Behandlungstage“ eine valide Vorhersage darüber, welcher PSA-Bedarf bevorratet werden sollte. Mit den jeweiligen Kennzahlen vor Ort gefüttert, ermöglicht es der Rechner auch anderen Kliniken, ihren PSA-Bedarf abhängig von der Anzahl an Intensiv- und Allgemeininfektionsbetten abzuschätzen.

Fazit:
Mit dem PSA-Bedarfsrechner kann für zukünftige Pandemien die notwendige zu bevorratende Menge an PSA von Krankenhäusern realistisch erhoben und vorrätig gehalten werden.

Die Universitätsklinikum Ulm stellt den PSA-Bedarfsrechner kostenlos zur Verfügung. Link: https://bit.ly/2YWly96

Quellen:

1. Pfenninger EG, Kaisers UX. Bevorratung persönlicher Schutzausrüstung in Kliniken zur Vorbereitung auf eine Pandemie. Anaesthesist 2020. 69:909-918. https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00101-020-00843-1

2. Bundesrechnungshof. Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages nach § 88 Absatz 2 BHO. Prüfung der zentralen Beschaffung von persönlicher Schutzausrüstung für das Gesundheitswesen Feststellungen zu übergeordneten und haushaltswirksamen Gesichtspunkten. Potsdam, den 16. Juni 2021.

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