Hygienemanagement
23.06.2021

Corona-Prävention reduziert Krankenhauskeime

Maßnahmen zum Schutz vor Corona in Krankenhäusern reduzieren auch andere nosokomiale Erreger. MRSA-Raten können sogar halbiert werden, wie eine Studie zeigt.

Surveillance-Daten des mit 1.800 Betten größten Krankenhauses in Singapur zeigen, dass Infektionsschutzmaßnahmen zur Prävention von COVID-19 auch andere nosokomiale Infektionen verhindern können.

Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick:

  • Hohe Compliance-Raten bei der Händehygiene, Intensivierung der Flächenhygiene und der richtige Umgang mit der Persönlichen Schutzausrüstung reduzieren vor allem MRSA und katheterassoziierte Blutstrominfektionen erheblich
     
  • Abstands- und Maskenpflicht reduzieren nosokomiale respiratorische Viruserkrankungen, die für schwere Krankheitsverläufe und Intensivbehandlungen verantwortlich sind
     
  • Andere multiresistente Erreger wie Carbapenemase-bildende/-resistente Enterobakterien und Clostridioides difficile können trotz hohem Aufwand durch die Pandemie auf stabilem Niveau gehalten werden

Erfolgsformel: Surveillance und verstärkter Infektionsschutz

Ob die intensivierten Infektionsschutzmaßnahmen im Rahmen der Corona-Pandemie auch andere Krankenhausinfektionen reduzieren, konnte bislang nicht eindeutig geklärt werden. So fehlte es vor allem an vergleichenden Daten vor und während der Pandemie. Neue Hinweise auf einen positiven Einfluss der Corona-Maßnahmen auf andere Krankenhauskeime liefern Daten aus dem größten Krankenhaus in Singapur. Die 1.800-Betten-Klinik etablierte von Februar bis August 2020 umfangreiche Infektionsschutzmaßnahmen. Die Surveillance wichtiger Krankenhauserreger bzw. -infektionen behielt das Krankenhaus in dieser Zeit bei.

Die folgenden nosokomialen Erreger wurden u. a. überwacht:

  • Respiratorische Virusinfektionen durch Erreger wie z. B. Humanes Metapneumovirus (HMPV), Respiratorisches Syncytial-Virus (RSV), Rhinovirus A/B/C, Influenzavirus A/B, Humanes Parainfluenzavirus (HPIV, humanes Coronavirus (hCoV))
     
  • Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)
     
  • Carbapenemase-bildende, Carbapenem-resistente Enterobakterien (CP/CRE)
     
  • Clostridioides difficile
     
  • Device-assoziierte Infektionen (Harnwegsinfektionen, Blutstrominfektionen, beatmungsassoziierte Pneumonien)

 

Mehrstufiges Infektionsschutzprogramm

Mit Auftreten des ersten SARS-CoV-2-Falles im Januar 2020 etablierte das Singapurer Krankenhaus eine mehrstufige Präventionsstrategie:

  • Isolierung von Patienten mit Symptomen einer Atemwegserkrankung und Mindestabstand von 1,5 m zwischen den Betten
     
  • Universelle Maskenpflicht des Personals, zunächst Mund-Nasen-Schutz, später FFP2-Maske
     
  • Intensivierung der Flächendesinfektion in der patientennahen Umgebung auf 3 x täglich
     
  • Überwachung der Flächendesinfektion mit Fluoreszenzmarkern
     
  • Intensivierung der Händehygiene
     
  • Persönliche Schutzausrüstung (Kittel, Handschuhe) für Gesundheitspersonal und Reinigungskräfte inkl. Schulung

 

Positive Effekte für die Patientensicherheit

  • Virale Atemwegserkrankungen

Der größte positive Effekt zeigte sich im Rückgang der nosokomialen Virusinfektionen der Atemwege. Die Inzidenz sank von 9,69 Fällen pro 10.000 Patiententage vor dem Infektionsschutzprogramm auf 0,83 Fälle pro 10.000 Patiententage. Virale Atemwegserkrankungen sind eine häufig unterschätzte Ursache für schwere, im Krankenhaus erworbene Pneumonien, die eine Intensivbehandlung erfordern.

  • MRSA

Ebenfalls positiv entwickelte sich die MRSA-Rate. Vor der Pandemie lag sie bei 11,7 Fällen pro 10.000 Patiententagen, verglichen mit 6,4 Fällen pro 10.000 Patiententagen während der Pandemie. Durch MRSA verursachte nosokomiale Bakteriämien sanken von 0,36 Fällen pro 10.000 Patiententage auf 0,11 Fälle pro 10.000 Patiententage.

  • Katheterassoziierte Blutstrominfektionen

Bei den Katheterassoziierten Blutstrominfektionen verzeichneten die Autoren der Studie einen Rückgang von 0,83 Fällen pro 1.000 Gerätetagen (95 Vorfälle, 113.466 Gerätetage) auf 0,20 Vorfälle pro 1.000 Gerätetage.

  • CP-CRE und andere nosokomiale Erreger

Trotz der durch die Pandemie verursachten Unterbrechungen des Klinikalltags blieben die CP-CRE- und C. difficile-Raten stabil. Die Autoren nehmen an, dass bei C. difficile die Intensivierung der alkoholischen Händedesinfektion nicht im gleichen Maße wie bei MRSA erfolgreich war, da zusätzlich die Hände gewaschen werden müssen. Für CP-CRE dienen vor allem Krankenhausspülbecken und Abflüsse als Reservoire. Die Flächenhygiene konzentrierte sich während der COVID-19-Pandemie insbesondere auf die häufige Desinfektion der patientennahen Umgebung und häufig berührter Flächen. Die geringere Frequentierung von Sanitärbereichen könnte dazu geführt haben, dass CP-CRE in Waschbecken und Abflüssen persistierten.

Trotz dieser Einschränkungen sind die positiven Effekte der Corona-Präventionsmaßnahmen nicht zu unterschätzen und keine Selbstverständlichkeit: Beim Ausbruch des ersten SARS-Virus im Jahr 2003 kam es z. B. in einem Hongkonger Krankenhaus, das SARS-Patienten auf einer Intensivstation versorgte, zu einem Anstieg von MRSA. Die resistenten Erreger stiegen von 3,53 % in der Zeit vor SARS auf 25,30 % während der SARS-Periode und sanken dann wieder auf 2,21 % in der Zeit nach SARS. Auch die Rate beatmungsassoziierter Pneumonien war mit 36,5 Episoden pro 1.000 Beatmungstage hoch.

 

Quellen:

1. Liang En Ian Wee et al. Unintended consequences of infection prevention and control measures during COVID-19 pandemic. American Journal of Infection Control 2021; 49:469−477. 
https://www.ajicjournal.org/article/S0196-6553(20)30963-9/pdf
 (Letzter Zugriff 13.06.2021).

2. Yap FHY et al. Increase in Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus Acquisition Rate and Change in Pathogen Pattern Associated with an Outbreak of Severe Acute Respiratory Syndrome. Clinical Infectious Diseases 2004; 39:511–6.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7204093/ 
(Letzter Zugriff 13.06.2021).

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